03.03.12 Stammtisch Bildung

Eine ganz neue Art des Lernens

Beim Grünen-Stammtisch ging’s um Bildung

Autorin: STEFANIE SCHMIDT | GZ 03.03.2012

Mit der Gesamtschule solle nicht nur ein neues Schulsystem, sondern eine ganz neue Art des Lernens in Baden-Württemberg Einzug halten. Darüber waren sich die Referenten beim Stammtisch der Grünen einig.

Geislingen. „Bildungsaufbruch im Land“, welche Veränderungen in der Bildungslandschaft gehen mit dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg einher. Die Referenten beim „Stammtisch im Helfensteiner Land“ der Grünen waren Walter Kißling und Ottmar Dörrer.

Walter Kißling ist Kreisvorsitzender der Grünen und Gymnasiallehrer, und wirkte in der grünen Landesarbeitsgemeinschaft Schule an der Entwicklung der grünen Bildungspolitik mit. Ottmar Dörrer ist Schulleiter der Tegelbergschule und darüber hinaus geschäftsführender Schulleiter der Geislinger Schulen.

Die beiden Pädagogen informierten vor allem über Ziel und Zweck der Gesamtschule, einem Kernpunkt grün-roter Bildungspolitik, der in der Öffentlichkeit nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Im Januar wurden die 34 „Starterschulen“, die im Schuljahr 2012/13 die ersten Gemeinschaftsschulen des Landes werden wollen, bekanntgegeben; voraussichtlich im April sollen im Landtag durch eine Änderung des Schulgesetzes die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Gemeinschaftsschule geschaffen werden.

Die beiden Referenten waren sich einig, dass mit der Gesamtschule nicht nur ein neues Schulsystem eingeführt werde, sondern eine neue Art des Lernens nach finnischem Vorbild. Das Konzept der finnischen Gesamtschule führte Kißling als Beispiel für ein besonders gelungenes Schul- und Lernkonzept an.

Bis zu einer Schulreform in den 1970er Jahren hatte Finnland ein dreigliedriges Schulsystem, das dem deutschen sehr ähnlich gewesen sei, erläuterte Kißling. Seither werden alle Schüler bis zur neunten Klasse gemeinsam unterrichtet, während der ersten vier Schuljahre gibt es keine Zensuren.

Die finnischen Gesamtschulen zeichneten sich durch eine große Individualisierung aus, erläuterte Kißling weiter. So sei der Unterricht im Klassenverband nur noch eine Unterrichtsmöglichkeit unter vielen. Daneben gibt es Einzel- und Förderunterricht und Lerngruppen. Die Lehrer werden von pädagogischen Assistenten unterstützt, in jedem Kollegium gibt es ein Team von Psychologen, Sozialarbeitern und Therapeuten. Die Schule dauert bis in den Nachmittag, das Mittagessen ist für alle Schüler kostenlos.

Dieses „individualisierte, gemeinsame Lernen“ sei auch der Grundgedanke für die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg, sagte Kißling. So könne eine Gesamtschule das Bildungspotenzial der Kinder besser ausschöpfen: „Die Gesamtschule soll keine Schule des Mittelmaßes sein, sondern schwache wie starke Schüler optimal fördern.“

„Wir können es uns nicht leisten, zehn Prozent der Schüler im Bildungssystem an die Wand zu fahren,“ betonte Schulleiter Ottmar Dörrer, dessen Tegelbergschule den Weg zur Gesamtschule einschlagen will. Die individuelle Ausrichtung der Gesamtschule, die alle Bildungsstandards der allgemeinbildenden Schulen anbietet, und das längere gemeinsame Lernen aller Schüler trage dazu bei, Herkunft und Bildungserfolg weitgehend zu entkoppeln. Das große Ziel: Jeder Schüler – ob mit oder ohne Behinderung – solle mit der bestmöglichen Förderung den für ihn optimalen Schulabschluss erreichen.

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