01.06.12 Geislinger B10

Leserbrief vom 01. Juni 2012

Zu: "Grüne ignorieren Zumutungen für die Geislinger", GZ vom 26.05.2012 (aufgrund einer Pressemitteilung der Jungen Union vom 24.05.12).

Neue B10 um Geislingen unrealistisch

Wer gerne die Debatten und Feindbilder von vorvorgestern pflegt, mag sich daran freuen, über eine Umgehungsstraße um Geislingen zu diskutieren. Aber man könnte auch darüber streiten, ob wir den Mars mit ökologischem Landbau besiedeln wollen oder für die Olympischen Sommerspiele im Eybacher Tal einen internationalen Flughafen in Berneck brauchen. In absehbarer Zeit wird der Mars nicht besiedelt, Geislingen nicht Austragungsort einer Olympiade und die neue B10 um Geislingen herum nicht gebaut.

Selbst wenn die neue B10 so „schnell“ vorankäme wie in den vergangenen sechzig Jahren, wäre in vielleicht zehn bis zwanzig Jahren an den Geislinger Y-Häusern endgültig Schluss: Von da an könnte es nämlich nur weitergehen durch einen Tunnel unterm Türkheimer Berg – und der  wäre derartig teuer, dass ihn kein Bundesverkehrsminister, egal welcher Partei, finanzieren könnte. Dann allerdings wäre das Chaos in Geislingen perfekt: Ein durch gut ausgebaute Infrastruktur entsprechend angewachsener Verkehr müsste sich die Wiesensteiger Straße hoch plagen, die dafür in keiner Weise geschaffen ist.

Es lag und liegt nicht an den Grünen, nicht an den Radfahrern und nicht an den Krötenwanderern, dass die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands mittlerweile überall auf Verschleiß gefahren wird, weil selbst reine Instandhaltungen unterbleiben. Es liegt nicht an den Grünen, dass schon der vordringliche und bereits planfestgestellte Bedarf an Straßen- und Schienenneubauten angesichts der Kassenlage Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde, bevor an die Verwirklichung von Neuplanungen wie der B10-Umgehung in und um Geislingen in sinnvoller Weise gedacht werden könnte. Und es liegt ganz bestimmt nicht daran – wie die Junge Union jüngst in einer Pressemitteilung unterstellte –, dass ausgerechnet die Grünen die schädlichen Folgen des Straßenverkehrs wie Staus, Lärm und Luftbelastung – zu nennen wären noch Ressourcen- und Flächenverbrauch – ignorierten.

Es liegt nicht an den Grünen, es liegt am fehlenden Geld, an den natürlichen und finanziellen Grenzen weiteren Verkehrswachstums. Die Grünen sind hier allenfalls die Überbringer der bitteren Botschaft. Dabei ist es mittlerweile von Hermann (Grüne) bis Ramsauer (CSU) eigentlich Konsens, dass Instandhaltung vor Neubau gehen muss und neue Verkehrsprojekte erst in Angriff genommen werden dürfen, wenn die laufenden abgeschlossen sind. Viele Vertreter von Union, FDP und SPD hören dennoch nicht auf, vor Ort haltlose Hoffnungen zu wecken und die Grünen als Ideologen zu verunglimpfen und als Ökoromantiker zu veräppeln, dafür, dass die Grünen doch im Grunde lediglich Realismus einfordern.

Manfred Binder, Geislingen

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