14.07.12 Windkraft

Leserbrief von Rüdiger Höwler, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Kreis Göppingen, vom 14. Juli 2012

Veranstaltung emotional und wenig sachlich

Zunächst eine Korrektur der Angaben zur Windkraft in Deutschland und Baden-Württemberg. Heute deckt Baden-Württemberg seinen Strombedarf zu 0,82% aus Windkraft. Ziel der alten Landesregierung war es, diesen sehr geringen Anteil auf 1,6% bis 2020 „zu verdoppeln“. Die neue Landesregierung will den Anteil auf 10 % (nicht 25%!) bis 2020 erhöhen. Zum Vergleich: Bundesweit liegt er aktuell bei 8% und stellt so den mit Abstand größten Posten der erneuerbaren Energien dar. Hier sei noch erwähnt, dass ein Bundesland bereits über 50% und drei weitere über 40% ihres Stromverbrauchs allein aus Windenergie decken. Rheinland-Pfalz, mit ähnlicher Topographie und Windverhältnissen wie bei uns, liegt bei 8,5% Anteil (Faktor 10 zu BaWü).

Klar, Baden-Württemberg ist kein ausgewiesenes Wind-Energie-Land. Aber jede Region sollte im eigenen Interesse versuchen, einen möglichst ausgeglichenen Energiemix hinzubekommen, um Schwankungen zwischen den verschiedenen Erzeugungsquellen kompensieren zu können. Schon dadurch lassen sich der erforderliche Netz- und Speicherausbau erheblich reduzieren.

Die Referenten Dr. Friedrich Buer und Dr. Christian Leinß haben einen sehr emotionalen Vortrag gehalten, mit schockierenden Bildern über verendete, verstümmelte Vögel. Konkrete Zahlen zu Schäden im Verhältnis zur Population wurden aber nicht genannt. Leider konnten nach Anfragen aus dem Publikum auch keine vergleichenden Angaben zum Verkehr oder Einflüsse konventioneller Energieerzeugung auf den Vogelbestand gemacht werden. Außerdem wurde noch vor Infraschall und Schattenwurf gewarnt und der Klimawandel insgesamt infrage gestellt. Ressourcenverknappung war kein Thema. Herr Dr. Buer hatte in seinem Vortrag, der eher einer Kabarett-Einlage glich, über praktisch alle Naturschutzverbände hergezogen und ihnen Verrat aus Profitgier vorgeworfen. Auch war er sich nicht zu schade, andere Podiumsteilnehmer persönlich anzugreifen.

Windkraft ist die tragende Säule der erneuerbaren Energien, wird aber in Baden-Württemberg sicherlich niemals den Stellenwert erlangen wie in Schleswig-Holstein heute. Dennoch sollte man gute Standorte nutzen und dabei Wirtschaftlichkeit, sowie Natur-, Arten- und Landschaftsschutz sorgfältig abwägen, so wie es das neue Planungsrecht auch vorsieht.

Wegen der vielen Zahlen ohne jeglichen Bezug auf Relationen hat das Publikum an diesem Abend, so fürchte ich, im Wesentlichen den emotionalen Teil der Veranstaltung mitgenommen. Das ist sehr schade!

Rüdiger Höwler
Rechberghausen

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Der Leserbrief bezieht sich auf den Artikel:

„Thema Windkraft beschwört dunkle Wolken herauf“ von Jakob Koth in der NWZ 13. Juli 2012 (Link)…