23.08.12 Windenergie

Leserbrief von Rüdiger Höwler, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Kreis Göppingen, vom 23. August 2012

Keine Energiewende ohne Windenergie

Die Einwände gegen die Windenergie kann ich gut nachvollziehen. Viele Bürger denken, warum sollen wir unsere schöne Landschaft „verschandeln“, wenn wir doch einfach Solarmodule auf den Dächern packen könnten. Wenn das so einfach ginge, wäre ich auch sehr dafür. Folgende Gründe sprechen aber dagegen: Wind und Sonne ergänzen sich sehr gut. Verzichtet man auf das eine, ist man nur im Sommer oder im Winter gut versorgt. Man müsste saisonal speichern. Das ist zwar prinzipiell möglich, aber nicht in diesem Umfang und wäre noch mit sehr hohen Kosten und Umwandlungsverlusten verbunden. Außerdem ist Photovoltaik trotz des enormen Preisverfalls noch etwa doppelt so teuer wie Strom aus Windkraft. Solarstrom hat zwar den großen Vorteil, dass immer zu Spitzenlastzeiten eingespeist wird, nachts dagegen aber gar nichts. Hier käme der Windstrom wieder sehr gelegen.

Um die Kosten der Energiewende im erträglichen Maß zu halten, ist es sehr wichtig, die möglichen Energieträger, aber auch den Netz- und Speicherausbau optimal auszubalancieren. Das wird regional auch zu unterschiedlichen Gewichtungen führen. Aber die Idee, unseren Strombedarf im Südwesten überwiegend mit Windstrom aus Nord- und Ostsee beziehen zu wollen, ist einfach unrealistisch. Der gesamte Strom müsste durch viele über 1000 km lange Leitungen transportiert werden, was mit unverhältnismäßig hohen Streckenverlusten, sowie auch entsprechenden Durchleitungsgebühren verbunden wäre. Außerdem ist Windstrom vom Meer noch erheblich teurer als vom Land.

Energieverbrauch vermeiden ist natürlich das aller beste. Ein Umdenken und ein bewussterer Umgang mit Energie und Ressourcen wären da sehr hilfreich.
Wer generell die Energiewende für überflüssig hält, muss sich im Klaren sein, dass weiterhin Kohle, Öl und Gas verfeuert und Klimagase neben anderen Schadstoffen freigesetzt werden. Öl und Gas werden bereits jetzt knapp. Bei neuen Vorkommen ist eine Förderung häufig nur noch „unkonventionell“ möglich. Darunter versteht man zum Beispiel den Ölsandabbau in Kanada, oder das „Fracking“ zur Erdgasgewinnung. Auch die Ölförderung in der Tiefsee ist extrem kritisch, wie Deepwater Horizon zeigte. Alles Maßnahmen, um den aktuellen Bedarf noch decken zu können. Mit immer schwerwiegenderen ökologischen Folgen und steigenden Kosten.

Die Nutzung der Kernenergie ist zu riskant. Die Schäden im Störfall stehen in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen. Auch ist eine verantwortbare Lösung zur Beseitigung der hochradioaktiven Abfälle nicht in Sicht.

Wer auf Kernfusion setzt, muss für mindestens vierzig Jahre bis zur Inbetriebnahme erster möglicher Anlagen (wenn überhaupt) noch eine vertretbare Lösung zur Energieversorgung anbieten.

Die Windräder haben sicher auch ihre Schattenseiten, genau wie z. B. die Turbinen der Wasserkraftanlagen oder Nachteile anderer erneuerbare Energiequellen. Aber die ökologischen Schäden stehen im keinem Verhältnis zum jetzigen Raubbau an letzten Reserven. Windräder lassen sich auch wieder abbauen und die Materialien wiederverwerten. Verbranntes Öl und Gas ist für immer vernichtet. Die Umweltschäden daraus sind schwer bis gar nicht reparabel.

Probleme habe ich allerdings, wenn systematisch Ängste geschürt werden, um Windkraft hier zu verhindern. Allen Skeptikern empfehle ich den Besuch einer modernen Windkraftanlage, um sich selbst ein Urteil zu bilden. Das neue Landesplanungsrecht lässt Wildwuchs nicht zu. Durch klare Abstandsregelungen werden Anwohner vor Beeinträchtigungen geschützt. Auch auf gefährdete Tierarten und Landschaftsschutz wird besonders Rücksicht genommen.

Die Energiewende gibt wichtige Impulse für die Zukunft. Auch wenn die hier entwickelten Massenprodukte später nicht in Deutschland selbst produziert werden, sicher aber die Maschinen und Anlagen zu deren Fertigung. Ein beträchtlicher Gewinn für den Standort Deutschland allemal. Außerdem machen wir uns zunehmend unabhängig von stetig teurer werdenden Energieimporten wie Kohle, Öl und Gas.

Rüdiger Höwler
Rechberghausen

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Der Leserbrief bezieht sich auf:

verschiedene windkraftkritische Leserbriefe in der NWZ im August 2012