25.07.12 Biogas Gatter

Stellungnahme der Grünen Regionalfraktion in der Regionalversammlung Stuttgart vom 25. Juli 2012

Zur Biogasanlage im Großbettlinger Gatter

Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

im Gegensatz zu andern Fraktionen haben wir so lange diskutiert, dass wir nicht zwei Sprecher für die unterschiedlichen Positionen brauchen, ich werde beide Positionen vortragen.

Wir wollen, dass die Energiewende in Baden –Württemberg gelingt und dass wir in der Region dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Wir haben dieses Anliegen in der Vergangenheit mit vielen Anträgen deutlich gemacht. Wir wollen das regionale Engagement fördern und beschleunigen, und deshalb gefällt uns der drivebei der Windkraft, hoffen wir auf weitere gute Projekte zur Nachhaltigen Mobilität, wollen wir die Solarbörse stärken und Anreize bei der Energieeffizienz schaffen und eben die Nutzung von Biomasse unterstützen. Wir hatten bei der Studie der Region zu den Potentialen der Biomasse kritisiert, dass sie die nachwachsenden Rohstoffen in den Fokus nahm und der Reststoffverwertung zu wenig Beachtung schenkte. Die Biogasanlage im Großbettlinger Gatter macht genau dieses – sie verarbeitet Speisereste, es erfolgt also eine Kaskadennutzung – für uns ein großer Pluspunkt. Wer zurzeit mit dem Fahrrad durch die Lande fährt, dessen Sicht ist verstellt durch grüne Mauern von Maisfelder – eindeutige Folge von Monokulturen mit „Nawaros“.

Wir sind überzeugt, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn sich alle daran beteiligen, die großen Energieunternehmen, Wirtschaft und Industrie, die Bürgerinnen und Bürger und die kleinen Energiewerke und Stadtwerke vor Ort. Deshalb überzeugt uns das Betreiberkonzept mit den Nürtinger Stadtwerken und einem Investor. Es ist zu begrüßen, dass der regenerative Anteil der Gasversorgung der Nürtinger Stadtwerke durch eine solche Anlage deutlich steigen wird. Weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit einer Einspeisung in eine naheliegende Gasleitung. Allesamt gewichtige Gründe, die uns als Fraktion für das Projekt einnehmen und einen Teil der Fraktion zu der Auffassung bringen, dass wir die Klage zurück nehmen sollen und damit den Weg freimachen für eine Zulassung der Zielabweichung und damit einen weiteren Schritt zur Realisierung dieses Projektes im Großbettlinger Gatter.

Trotz dieser positiven Aspekte gibt es andere Mitglieder in unserer Fraktion, die für die Aufrechterhaltung der Klage stimmen werden.

Im vergangenen Jahr hat im Planungsausschuss eine Mehrheit gegen die Zulassung eines Zielabweichungsverfahrens gestimmt, nicht weil sie das Projekt als solches ablehnt, sondern weil sie den Standort auf der Freifläche des Großbettlinger Gatters für diese Art von Anlage für ungeeignet hält. Der Standort verletzt wichtige Ziele der Raumordnung, er liegt in einem Grünzug, ist ein Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft. Und mit diesen Grünzügen wollen wir ja Freiräume haben, die auch das Klima schützen sollen. Auch gehört diese Freifläche laut Klimaatlas zu den Flächen mit bedeutender Klimaaktivität.

Zur Standortfrage ist im Regionalplan formuliert, dass größere Biogas -, bzw. Biomasseanlagen ab 0,5 MW als Gewerbebetriebe oder Kraftwerksanlagen einzuschätzen seien und deshalb der richtige Standort ein Gewerbegebiet ist. Auf diesen Tatbestand wurde von unserer Fraktion seit einem Jahr wiederholt hingewiesen. Wir hatten in unseren Voten bereits im März 2011 die Betreiber aufgefordert mit Unterstützung der Region einen regionsweiten Suchlauf zu unternehmen, um einen geeigneten Standort mit guten Einspeisevoraussetzungen in einem Gewerbegebiet zu finden. Die Liberalisierung des Strommarktes erlaubt ausdrücklich ein Engagement der Nürtinger Stadtwerke an einem anderen Ort. Dieser Suchlauf hat zu unserem Bedauern nie stattgefunden. Als gelungenes Beispiel kann man inzwischen eine vergleichbare Anlage im Gewerbegebiet Türkheim anführen, die damit eben diese Voraussetzungen erfüllt.

Wir gehen weiter davon aus, dass ein anderer Standort gefunden werden kann. Dafür spricht, dass es laut Presse schon Anfragen anderer Kommunen gibt, die bei einem Scheitern des projektierten Standortes mit den Betreibern in Verhandlungen treten wollen.

Insofern sieht dieser Teil der Fraktion in einer Aufrechterhaltung der Klage kein Aus für die Anlage als solche, auch wenn es zwangsläufig zu Verzögerungen kommen wird. Es ist deshalb besonders bedauerlich, dass die Region erst zu einem späten Zeitpunkt in die Verhandlungen einbezogen wurde. Noch immer ist es nicht selbstverständlich, dass Landratsämter auf den Regionalplan verweisen. Dies wird sich – wir haben es gehört – hoffentlich ändern.

Gerade als grüne Regionalfraktion fühlen wir uns bei diesem Thema besonders herausgefordert und wollen auf keinen Fall zu Bremsern sinnvoller Projekte werden. Die Energiewende war unter Schwarz-Gelb Jahrzehnte lang kein Thema, auch daher kommen wir jetzt unter Zeitdruck. Gleichwohl stehen wir hinter den Vorgaben des Regionalplans und treten – auch im Sinne einer kommunalen Gleichbehandlung – für deren Umsetzung ein. Wir haben als Fraktion selten so häufig über ein Projekt diskutiert, sehr engagiert und auch sehr heftig. Wir haben wiederholt mit den Betreibern gesprochen – waren auch vor Ort. Die Bemühungen, die optische Wirkung der Anlage zu minimieren, finden unsere Anerkennung, lösen das Grundproblem aber nicht.

Wir haben uns ebenfalls mit den Argumenten der Großbettlinger Bürgerinitiative auseinandergesetzt, denn wir sind der Auffassung, dass die Energiewende breite Akzeptanz erfordert. (Dass diese Akzeptanz in Nürtingen gegeben erscheint, wundert nicht aufgrund der Lage an der äußersten Grenze der Markung und den geringen Beeinträchtigungen für die Nürtinger Bürgerinnen und Bürger)

Wir werden unterschiedlich abstimmen. Jedoch wollen auch diejenigen, die sich für eine Aufrechterhaltung der Klage und damit gegen die Zulassung der Zielabweichung aussprechen, dass das Projekt an einem anderen Ort in der Region realisiert wird. Denn – und da bin ich wieder am Anfang: Wir wollen, dass die Energiewende in Baden-Württemberg gelingt und die Region Stuttgart sich als Vorreiterregion erweist.

Vielen Dank!

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