26.09.12 Raumordnungsbericht

Statement von Dorothee Kraus-Prause in der Regionalversammlung vom 26. September 2012

Zum Raumordnungsbericht und zum Regionalmonitor

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

Gelobt werden tut gut, das wissen wir seit der Schulzeit. Noch besser tut es, wenn andere sich ein Beispiel an uns nehmen sollen. Im Sinne des Stärken stärken ist dies sicher richtig.

Raumordnungsbericht und Regionalmonitor als Herausforderung – wir wollen aufzeigen, wo wir unsere Aufgaben sehen, wo wir nacharbeiten müssen, wo wir Konsequenzen anders beurteilen.

Ziel der Raumordnung bleibt für uns, Ressourcen zu schonen und Freiräume zu erhalten und gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen in der Region herzustellen. Davon sind wir noch weit entfernt, wenn wir etwa Daten aus Stuttgart und Zahlen aus dem Landkreis Göppingen vergleichen. Doch bei allen Disparitäten geht es nicht darum, Infrastrukturausstattung einfach anzupassen, sondern die Ziele unserer Regionalplanung konsequent und entschieden umzusetzen, z.B. die räumliche Entwicklung entlang der Schienenverkehrsachsen und die Stärkung der unterschiedlichen Zentren im Blick auf tragfähige Stadt-Umland-Beziehungen.

Die Notwendigkeit der Innenentwicklung zieht sich als roter Faden durch den Raumordnungsbericht, Innenentwicklung von Wohnen und Gewerbe durch Mobilisierung von Baulücken und Wiedernutzung von Brachen. Gerade im ländlichen, dünn besiedelten Raum, den wir in der Region auch haben, wird ein zu hoher Flächenverbrauch moniert und dies v.a. in Gemeinden ohne zentralörtliche Funktionen. Wir kennen diese Diskussionen aus dem Planungsausschuss zur Genüge. Da fordert der Raumordnungsbericht über die Regional- und Landesplanung hinaus eine konsequentere Mengenregulierung und verbindliche Zielvorgaben der Länder. Dies unterstützen wir als Fraktion ausdrücklich, darauf warten wir, denn die Konflikte aus divergierenden Vorgaben blockieren und erschweren zukunftsfähige Planungen (s. oberes Filstal). Einheitliche Vorgaben hingegen verhindern die Konkurrenz und das Ausspielen der Regionalverbände untereinander.

Der Raumordnungsbericht hebt die Bedeutung der Regionalplanung im Klima-und Energiebereich hervor, auch deshalb darf unser Klimaatlas nicht in den Regalen verstauben. Gerade für das Gelingen der Energiewende wird eine integrierende Gesamtplanung gefordert. Wir tun das bei der Windenergie, müssen die Bemühungen aber gerade im Bereich Biogas – dabei denken wir an Reststoffe – ausweiten, um konkurrierende Raumnutzungsansprüche zu koordinieren. Auch die Wirtschaftsregion ist bei der Energiewende als Motor und Koordinator gefragt. Das gilt für die Förderung der Erneuerbaren genauso wie für die Effizienz. In Stötten auf der Alb wurde ein Windrad der Göppinger Firma Schuler in Betrieb genommen. Solche Synergien sind aussichtsreiche Perspektiven. Leider hat sich das Unternehmen wieder auf seinen Kernbereich Automobilpressen zurückgezogen, vor drei Jahren galt noch das Programm der 100 Windräder pro Jahr. Hier greift der Regionalmonitor die Ausrichtung auf zu wenige Schlüsselbranchen auf. Seit 2005, vielleicht früher, wurde der Bereich Gesundheit als Megatrend ausgemacht. Es ist bisher nicht gelungen daraus ein wirklich erfolgreiches Cluster zu machen – trotz mancher Bemühungen. Und warum nicht zur Diversifikation ein Cluster Umwelttechnik anstreben?

Unsere Fraktion beurteilt manche Konsequenzen kritisch:

Beispiel Verkehr

Im Kapitel Straßennutzung heißt es, dass die Jahresfahrleistung zwischen 1990 und 2010 stetig zugenommen habe. Wie Sie aus der Haushaltsbefragung der Region und aus den Zahlen der automatischen Verkehrszählstellen wissen, galt das nur bis etwa 2000. Seitdem nimmt die Fahrleistung im Straßenverkehr stetig ab. Das ist wichtig zu wissen, weil wir sonst falsche Schlüsse ziehen und an den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft vorbeiplanen. In Stuttgart ist die Zahl der jungen Fahrzeughalter z.B. in den letzten 10 Jahren um 63% zurückgegangen, obwohl diese Zielgruppe zahlenmäßig um 9% zugenommen hat. Der Gesamtbestand an privat zugelassenen Wagen ist in diesen Jahren um 8,1% gesunken. Dafür sind die Nutzer von Stadtmobil und call a bike deutlich angestiegen. Insofern zeigen die letzten Jahre gerade keine Trendverlängerung, sondern eine Trendwende und Abkehr von bisherigen Annahmen. Die Konsequenz angesichts knapper Haushaltsmittel heißt dann Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV und innovative Mobilitätskonzepte und weniger Straßenausbau.

Beispiel Forderung nach Mobilisierung weiterer Siedlungs- und Verkehrsflächen

Die Erfahrung zeigt, dass sich mit der Ausweisung eines Gewerbegebietes noch kein einziger Betrieb angesiedelt hat. Ein Gewerbegebiet ist per se keine Beschäftigungs- und Wohlstandssicherung.(Beispiel Türkheim). Wir haben in der Region ein Überangebot an Gewerbeflächen, auf das sogar das Wirtschaftsministerium einst hingewiesen hat. Unsere Forderung heißt – gerade im Interesse der Ressourcenschonung –, das vorhandene Angebot und die Nachfrager engagiert zusammen zu bringen und in erster Linie den Bestand zu mobilisieren. Im Blick auf den Wohnungsbau gilt als sicher, dass die Anzahl der Haushalte steigt, wenn wir mehr Singles haben. Ob das so zutrifft und auch die Wohnfläche weiter wachsen muss, erscheint uns offen. Wie beim Bedeutungswandel des Autos in den Augen von jungen Leuten gibt es durchaus einen kulturellen Wandel der Wohnbedürfnisse, nicht zuletzt befördert durch steigende Energiepreise. Immer mehr Menschen – junge, aber gerade auch ältere – bevorzugen gemeinschaftliches Wohnen, es gibt immer mehr Bauherrengemeinschaften, sie alle kennen entsprechende Projekte und Modellmaßnahmen. Auch hier gilt es, Umstrukturierungsprozesse wahrzunehmen und kreativ zu begleiten, statt die Lösung in einer schnellen Mobilisierung neuer Flächen zu sehen.

Auch in unserer prosperierenden Region nimmt übrigens – und das passt zu den Diskussionen um den Armutsbericht – die Zahl der Wohngeld- und Sozialhilfeempfänger zu: Ein Argument für einen ergänzenden Sozialbericht.

Der demografische Wandel bleibt eine große Herausforderung. Die Regionalverwaltung steht Kommunen hier hilfreich zur Seite. Das finden wir gut. Der Regionalmonitor zeigt auf, dass gerade schwächere wirtschaftliche Räume überproportional von einer Verschiebung der Alterspyramide betroffen sind. Das hat auch Konsequenzen für den Bereich der Grundversorgung an Waren und Dienstleistungen. Hier gute Lösungen, sicher auch interkommunale, zu finden, bedarf einer koordinierenden Hand der Region.

Nicht zuletzt erwarten wir von einer hoffentlich bald erstarkten Kulturregion, dass sie den Abbau von Einrichtungen in ihrem Bereich wahrnimmt und gegensteuert.

Raumordnungsbericht und Regionalmonitor verstehen sich als Politikberatung. Eine richtige und konsequente Umsetzung kann nur gelingen in enger Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Alle Bündnisse und Vernetzungen, die wir als Region auf den Weg bringen, sind dabei richtige und wichtige Schritte.

Vielen Dank!

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