Gemeinsam weiterkommen – Haushaltsrede 2019

Wir werden auch in diesem Jahr keine Haushaltsanträge stellen, bei denen es um grundsätzliche   Veränderungen des Haushaltsentwurfs geht. Dem eingebrachten Haushalt werden wir zustimmen. Diesmal geht unser Dank gleich zu Beginn an Herrn Gunzenhauser. Dieser Entwurf als erster doppischer Haushalt ist Neuland gewesen für alle Beteiligten, deshalb steckt besonders viel Mühe drin. Und natürlich auch Geduld, die sie bei der Einführung für uns Gemeinderäte aufgebracht haben, Herr Gunzenhauser.

Auch in diesem Jahr nehmen wir die Beschlussfassung zum Anlass in einigen Handlungsfeldern Ziele vorzustellen und Anträge einzubringen, die uns als Grüne Liste wichtig sind. Das heißt nicht, dass wir andere, wie Schule oder Jugendhaus, nicht wertschätzen.

Lassen Sie mich kurz den Hintergrund skizzieren, vor dem wir nach unseren lokalen Zielvorstellungen und Maßnahmen gefragt sind:

Die Krisenherde der Welt sind nicht weniger geworden, in immer mehr Ländern gewinnen nationalistische Kräfte an Einfluss von Osteuropa bis Brasilien, 100 Jahre nach der Beendigung des ersten Weltkrieges erleben wir eine Rückkehr des Kalten Krieges und neue Aufrüstung. Unsere bisherigen Bemühungen um eine Reduzierung von Treibhausgasen weltweit und in Deutschland waren kläglich. Statt eines neuen Aufbruchs erleben wir in Kattowitz Abwehr und Ausstiegsabsichten großer Player. Wir wissen, wir müssen unsere Anstrengungen verdreifachen, wenn wir das 2 Grad – Ziel noch erreichen wollen. Alles andere führt in die Katastrophe, die ersten Anzeichen sind eindeutig. Wir sind es unseren Kindern und Enkeln schuldig, genauso wie den Menschen, denen jetzt schon die Klimaextreme von Dürre und Überflutung die Lebensgrundlagen nehmen.  

Klima:

Eigentlich müssen wir nicht mehr die Debatte um die Risiken der Erderwärmung führen, diese sind bekannt. Wir müssen uns aber einigen über die Maßnahmen der Begrenzung. Dabei werden wir auch zum Teil unsere Komfortzone verlassen müssen, dafür aber neue genügsame Lebensstile entdecken und die Chancen regionaler Wertschöpfung stärken. Lokale Anstrengungen sind gefragt:

Neben anderem geht es nur mit den 3 E: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energie sparen. Effizienzpotentiale und möglicherweise auch regenerative Energiepotentiale lassen sich durch Energiesanierung, Heizungspumpenwechsel, Quartierskonzepte, etc. erreichen.

Luft sehen wir bei den Erneuerbaren in Bad Boll noch bei den solar genutzten Dachflächen.

·         Wir beantragen eine konzertierte Werbeaktion: Hinweise im Mitteilungsblatt, die erneute Beteiligung an der solaren Bundesliga, gezielte Ansprache von Bauwilligen, z.B. im Bühl oder von Vereinen und Einrichtungen im Blick auf ihre Immobilien (Altenwohnanlage, Akademie, Tennisclub u.a.) im Blick auf ihre Dachflächen.  Eine Initialzündung könnte auch erreicht werden über die Veröffentlichung der Bad Boller Seite des Solarpotentialatlas der Landesregierung (LUBW).

·         Wir möchten gern das schon beschlossene Gespräch mit der Energieagentur, Herrn Sattler   und den Vertretern des Bollwerks nachholen im Blick auf Maßnahmen zur Energieeffizienz vor Ort im Sinne des „von anderen lernen“.

·         Grundsätzlich ist zu überlegen, wie weit wir – das Baugebiet Bühl ist ein guter Anlass- eine Energieberatung der Baufamilien vor Ort anbieten können.

Verkehr:

Der Individualverkehr wächst und macht 30% bei den Treibhausemissionen aus.  Im Kreis sind die Emissionen durch höheren KFZ -Besatz und höhere Motorisierung der Fahrzeuge in den letzten Jahren noch angestiegen. Auch in Bad Boll haben wir jedes Jahr Zuwächse im KFZ-Bestand. Wir müssen deshalb den motorisierten Individualverkehr reduzieren, den ÖPNV stärken und den Fußgängern und Fahrradfahrern gute Bedingungen bieten.

·         Wir beantragen eine Werbekampagne für den neuen Nahverkehrsplan ab 1.1.2019. Die Fahrpläne im Voralbgebiet werden im Blättle herausnehmbar abgedruckt. Weitere Maßnahmen, z.B. über die Vereinsvorstände werden geprüft.

·         Das Modellprojekt der Betriebe im Kurgebiet „gemeinsam weiterkommen“ sollte bei positiver Antragsbewilligung – wonach es aussieht- auf der homepage und im Blättle intensiv beworben werden, um eine größere Breitenwirkung zu erzielen und Nachahmer anzuregen.

·         Wir freuen uns über die gute Akzeptanz des „Lorenz“ bei der Bevölkerung und hoffen auf weitere Unterstützung der Gemeinden im Voralbgebiet.

·         In Anknüpfung an alte Erfahrungen und in Verbindung mit der Mobilitätszentrale Göppingen ist ein Car-Sharing Angebot in Bad Boll neu zu überprüfen.

·         Die Ergebnisse der Vorstudie zum Ringschluss der Boller Bahn (Göppingen-Kirchheim) werden in Kooperation mit dem Verein „Ein neuer Zug im Kreis“ öffentlichkeitswirksam vorgestellt.

·         Der Schutzstreifen für Fahrradfahrer an der Badstraße soll möglichst im Frühjahr umgesetzt werden. Angeregt wird ein Aktions(nachmit)tag „Fahrradfreundliches Boll“ zur „Einweihung“ in Kooperation mit Schule und Betrieben. (Wir arbeiten gern mit) Auch die Situation in der Dürnauer Straße im Blick auf einen Schutzstreifen bitten wir endgültig abzuklären.

·         In der Hoffnung auf baldige Umsetzung des Beschilderungsvorschlags des Handels- und Gewerbevereins, sollte damit auch das immer wieder angemahnte Bad Boller Parkleitsystem einhergehen.

·         Die Parkplätze auf den Ortsplänen im Internet sind mit Adressen zu hinterlegen, um sie in die Navigationsgeräte eingeben zu können.

·         Die Situation für Fußgänger muss an kritischen Stellen verbessert werden, in der Dorfstraße in Eckwälden, für Schulkinder, die aus dem Bereich Obere Breite/ Gruibinger Straße zur Bushaltestelle an der Badstraße wollen, etc.

Nahversorgung:

Die Attraktivität von Bad Boll liegt wesentlich an seiner kleinteiligen Handels- und Gewerbestruktur. Andere Kommunen beneiden uns um unsere lebendige Ortsmitte. Um diese zu erhalten, bedarf es der Anstrengung von Kommune, GHV und Bürgerinnen und Bürgern. Wir freuen uns, dass dafür ein Arbeitskreis gegründet wurde. Auch Eckwälden möchte sein „Lädle“ erhalten, lassen Sie uns auch darüber sprechen und Möglichkeiten ausloten.

·         Wir bitten den Arbeitskreis Nahversorgung mit allen organisatorischen und finanziellen Notwendigkeiten zu unterstützen.

Auch der Erhalt der guten medizinischen Versorgung vor Ort bedarf der ständigen kommunalen Begleitung und Unterstützung.

Umwelt:

Der Nachhaltigkeitsbericht, der von engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus dem Voralbgebiet erarbeitet wurde, hat viele interessante und auch umsetzbare Ideen hervorgebracht. Nicht nur die Weltmeere leiden unter der Plastikflut, auch auf unseren Feldern finden wir Mikroplastikteile. Wir sind der Meinung Bad Boll kann Vorreiter für eine Kommune ohne Plastiktüten werden.

·         Wir beantragen eine gemeinsame Veranstaltung der Kommune mit dem Handels- und Gewerbeverein und engagierten Betrieben, um unter Hinzuziehung von gelungenen Beispielen, Alternativen zur Plastiktüte vorzustellen (Papiertüten, Stoffsäckle, Aktion „unverpackt“ , eigene Gefäße, etc.)  Diese müssen dann mit geeigneten Maßnahmen beworben werden.

Der Streit um die Zulassung von Glyphosat und Neonikotinoiden geht weiter. Werden einige der Neonics verboten, erscheinen andere auf dem Markt. Die Veranstaltungen in Bad Boll mit der Europaabgeordneten Maria Heubuch und mit Prof. Zaller aus Wien haben in diesem Jahr eindrucksvoll auf die Gefahren der Ausbringung von Pestiziden hingewiesen. Bad Boll kann im Blick auf den Insekten – und damit auch Menschenschutz – einen wichtigen Beitrag leisten.

Die Gemeinde hat auf ihren Flächen die Nichtverwendung zugesagt.

·         Informationen über Alternativen zu Pestiziden für Privatgärten im Blättle und auf der homepage könnten folgen.

·         Wir bitten darum das Thema auch mit der Landwirtschaftlichen Tischrunde weiter im Blick zu haben.

Kindergärten:

Wir freuen uns über die rege Nachfrage nach unseren guten Kindergärten. Wir bitten um einen gelegentlichen Bericht über die jeweilige Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der einzelnen Einrichtungen mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Sprachförderung.

Wohnungsnot:

Mit dem Bühl entsteht in Bad Boll ein attraktives Wohngebiet mit Einzel- und Doppelhäusern, auch erleben wir, dass Einfamilienhäuser im Ort schnell ihre Besitzer wechseln. Für Menschen, die in Bad Boll eine bezahlbare Mietwohnung suchen, ist das Angebot knapp. Umgekehrt wissen wir, dass auch in Bad Boll Häuser und Wohnungen leer stehen.

·         Wir beantragen ein Gespräch im Gemeinderat unter Hinzuziehung von Fachleuten              (Mieterbund,  andere Kommunen) darüber,  wieweit die Gemeinde hier in neuer Rolle lenkend und unterstützend tätig werden kann. Die Zuführung von Leerstand zu unserem Wohnungsmarkt ist dringlich und würde auch bei der Wohnungssuche für die Anschlussunterbringung helfen. 

Attraktivität des Ortes:

Wir freuen uns über alle Blühstreifen im Ort, entlang unserer Straßen und auf den umliegenden Feldern. Bewohnerinnen und Bewohner, Gäste und auch die Insekten freuen sich darüber. Ein Highlight könnte noch unser Kreisverkehr am Erlengarten werden. Gute Ideen für einen attraktiven und nachhaltigen „Staudengarten“ liegen auf dem Tisch.

·         Wir beantragen die Verfolgung der diskutierten Umsetzungsideen und einen zügigen Start zur Vegetationsperiode.

Mit dem neuen Feuerwehrmagazin steht in den kommenden beiden Jahren ein großes kommunales Projekt vor uns. Die Grundentscheidungen sind in guter Kooperation mit allen Betroffenen und Beteiligten gefallen. Wir werden die Entwicklung weiter konstruktiv begleiten und hoffen auf auskömmliche Ergebnisse der Ausschreibungen.

Mit den Haushaltsreden neigt sich auch diese Gemeinderatsperiode dem Ende zu. Wir möchten uns bedanken für die gute Zusammenarbeit und die faire Auseinandersetzung in diesem Gremium. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für alle Aufgabenerfüllung.                                                                                

Wir stehen nun vor den Wahlen im Mai zu Kommune, Kreis, Region und Europa. Lassen Sie uns gemeinsam im Sinne des eingangs Gesagten für eine Stärkung der demokratischen Strukturen und ein Zurückdrängen aller nationalistischen Bestrebungen eintreten. Weltoffenheit und Heimatbezug sind zwei Seiten einer Medaille, die wir in Bad Boll leben wollen. 

13.12.2018                                                                                          

für die Grüne Liste: Dorothee Kraus-Prause